Kurze Erforschungsgeschichte der Flora Österreichs

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Karl Fritsch (1864–1934), Universitäts-Professor für Botanik an der Universität Graz, verbesserte die letzte Auflage des „Excursionsbuches“ von Lorinser ganz entscheidend und schuf damit (1897) die „Excursionsflora für Österreich (mit Ausschluss von Galizien, Bukowina und Dalmatien)“; 3. Aufl.: 1922 (aber ohne das Burgenland!). Ihm verdanken wir u. a. floristische Beiträge über die Steiermark und die Entdeckung der Poa stiriaca; nach ihm benannt sind z.B. Carex fritschii, Centaurea scabiosa subsp. fritschii sowie die Grazer Fachzeitschrift Fritschiana.

Illustriert und stärker pädagogisch orientiert, in Schulen über viele Jahrzehnte (fast bis heute!) benutzt, ist Anton Heimerls (1903) „Schulflora für Österreich“ (2. Aufl.: 1912).

Ein besonders umfangreiches Kompendium, auch die Kryptogamen einschließend, stammt von Karl Wilhelm von Dalla Torre (1850–1928) & Ludwig von Sarnthein (1861–1914): „Flora der gefürsteten Grafschaft Tirol, des Landes Vorarlberg und des Fürstentum Liechtensteins“ (1900–1913, 6 Bände). Dalla Torre war Professor der Zoologie an der Universität Innsbruck, seine Spezialität war die penible Kompilation naturkundlicher Sachverhalte; er schrieb mehrere Werke über die Alpenflora in der Zeit der Hochblüte der durch die Alpenvereine getragenen bürgerlich-wissenschaftlichen Erschließung der Alpen, die auch außerhalb des deutschsprachigen Raums (in Übersetzungen) Anklang fanden. Sein Koautor war hoher Verwaltungsbeamter (zuletzt Bezirkshauptmann) und Geländeflorist.

August von Hayek (1871–1928), Arzt und Botanik-Professor an der Universität Wien, schuf außer dem Riesenwerk der ersten Flora der Balkanhalbinsel (die er bescheiden „Prodromus florae peninsulae Balcanicae“ nannte) auch eine ausführliche „Flora von Steiermark“ (1908–1914; Dicotyle; die Monokotylen erschienen postum im Jahre 1956); viele Vorarbeiten für diese Flora stammen von Franz Krašan (1840–1907); Hayeks Namen trägt etwa Silene hayekiana oder Hieracium hayekii.

Engelbert Ritzberger (1868–1923, Apotheker und Kräuterhändler) konnte seinen „Prodromus einer Flora von Oberösterreich“ (1904–1914) nicht zu Ende führen.

Josef Murr (1864–1932) schrieb 1923–1926 eine „Neue Übersicht über die Farn- und Blütenpflanzen von Vorarlberg und Liechtenstein“.

Als Sippensystematiker bedeutend ist Richard von Wettstein (1863–1931), Professor der Systematischen Botanik in Wien und Prag, Verfasser eines weithin geschätzten „Handbuchs der Systematischen Botanik“ (4. Aufl. 1935); er ist nomenklatorischer Autor u. a. von Gentianella pilosa (als Gentiana pilosa), Euphrasia kerneri, Pulmonaria kerneri, Sempervivum montanum subsp. stiriacum.

Ebenso wichtig ist Friedrich Karl Max Vierhapper (jun.) (1876–1932), Univ.-Prof. in Wien, einer der Vorläufer des modernen biologischen Kleinarten-Konzepts und Erforscher mehrerer alpischer Gattungen, in denen er auch als Taxon-Autor seine Spuren hinterließ: z.B. Campanula witasekiana, Doronicum glaciale subsp. calcareum (als Doronicum calcareum), Soldanella austriaca, Valeriana celtica subsp. norica; sein Interesse galt besonders dem Lungau.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind einige wichtige Regionalmonographien als "Vorarbeiten zu einer pflanzengeographischen Karte Österreichs" erschienen:

Richard Eberwein & August von Hayek (1904): Die Vegetationsverhältnisse von Schladming in Obersteiermark; – Johann Nevole (1905): Vegetationsverhältnisse des Ötscher- und Dürrensteingebietes in Niederösterreich, (1908): Das Hochschwabgebiet in Obersteiermark, (1913): Die Vegetationsverhältnisse der Eisenerzer Alpen; – Lily Favarger & Karl Rechinger (1905): Die Vegetationsverhältnisse von Aussee in Obersteiermark; – August von Hayek (1907): Die Sanntaler Alpen (Steiner Alpen); – Rudolf Scharfetter (1911): Die Vegetationsverhältnisse von Villach in Kärnten; – Robert Benz (1922): Die Vegetationsverhältnisse der Lavanttaler Alpen; – Wolfgang Himmelbauer & Emil Stumme (1923): Die Vegetationsverhältnisse von Retz und Znaim; – Hans Zumpfe (1929): Obersteirische Moore; – Friedrich Vierhapper (1935): Vegetation und Flora des Lungau (Salzburg).

Wichtig für Österreich ist auch Gustav Hegis (1876–1932) monumentale „Illustrierte Flora von Mittel-Europa“, welche in 1. Auflage zwischen 1909 und 1931 erschienen ist und an der namhafte österreichische Botaniker wie August von Hayek (1871–1928) oder Helmut Gams (1893–1976) mitgearbeitet haben. Dieses Werk behandelt aber nicht das Burgenland, da dieses Bundesland erst seit 1921 bei Österreich ist.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden zwar zahlreiche floristische und vegetationskundliche und auch taxonomische Arbeiten über die österreichische Pflanzenwelt veröffentlicht, aber nur sehr wenige Landesfloren. Eine recht bescheidene Aufzählung (ohne Bestimmungsschlüssel) ist das Büchlein von Erwin Janchen (1882–1970) & Gustav Wendelberger (1915–2008): „Kleine Flora von Wien und Niederösterreich“ (1953). – 1959 erschien die „Kleine Flora des Landes Salzburg“ von Fritz Leeder (1900–1979) & Matthias Reiter (1896–1969).

Besonders wichtig ist der von Erwin Janchen (1882–1970; Univ.-Prof. in Wien) verfasste „Catalogus Florae Austriae“ (1956–1960; Nachträge 1963–1967), ein systematisches Verzeichnis der auf österreichischem Gebiet festgestellten Pflanzenarten samt umfassender Bibliographie; 1966–1974 folgte Janchens „Flora von Wien, Niederösterreich und Nordburgenland“ (postum herausgegeben von Gustav Wendelberger), beruhend auf Vorarbeiten von Friedrich Rosenkranz (1900–1957); beide Werke ohne Schlüssel.

Als Standardwerk für die floristische Erforschung ganz Mitteleuropas wichtig war die 2. Auflage der „Liste der Gefäßpflanzen Mitteleuropas“ von Walter Gutermann und Harald Niklfeld (1973), herausgegeben von Friedrich Ehrendorfer, die als taxonomische und nomenklatorische Basis für die damals anlaufenden floristischen Kartierungen diente.

Erst seit den 70er Jahren erscheinen – hauptsächlich im Zusammenhang mit den beginnenden Aktivitäten zur Kartierung der Flora Österreichs – wieder Florenwerke, insbesondere kleine Gebietsfloren. Erich W. Ricek (1915–1991) legte 1982 die „Flora der Umgebung von Gmünd im niederösterreichischen Waldviertel“ vor, die – ohne Schlüssel – auch Pilze und Moose umfasst.

Die einzige neuere Bundesland-Bestimmungsflora unseres Gebiets stammt von Willibald Maurer (1926–2016): „Flora der Steiermark“ (auch angrenzende Gebiete behandelnd, mit vielen Farbfotos; 3 Bände, 1996–2006); ihm gewidmet ist Alchemilla maureri.

In den letzten Jahren wurden, angeregt durch die immer drängender werdenden Naturschutzprobleme und im Zusammenhang mit Biotopkartierungen, verschiedene Rote Listen, auch für einzelne Bundesländer erarbeitet. Hervorzuheben sind:

Harald Niklfeld & Luise Schratt-Ehrendorfer (1999): „Rote Liste gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen (Pteridophyta und Spermatophyta) Österreichs. 2. Fassung“; – Luise Schratt-Ehrendorfer, Harald Niklfeld, Christian Schröck & Oliver Stöhr, Hg. (2022): „Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen Österreichs“; 3., völlig neu konzipierte Auflage der Roten Liste Österreichs und auch aktueller Katalog aller in Österreich heimischen und eingebürgerten Arten.

Bundesländer: Luise Schratt-Ehrendorfer (1990): „Rote Liste der gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen Niederösterreichs“; – Gerhard Kniely, Harald Niklfeld & Luise Schratt-Ehrendorfer (1995): „Rote Liste der gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen Kärntens“; – Helmut Wittmann, Peter Pilsl & Günther Nowotny (1996): „Rote Liste gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen des Bundeslandes Salzburg“; – Michael Hohla & al. (2009): „Katalog und Rote Liste der Gefäßpflanzen Oberösterreichs“; – Christian Gilli & al. (2022): „Checkliste und Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen des Burgenlandes“.

Ausgedehnte, kontinuierliche floristische Forschungen während der letzten Jahrzehnte wurden z.B. von Gottfried Traxler (1904–1997, Beamter; Burgenland), von Helmut Melzer (1922–2011, AHS-Lehrer; besonders Steiermark, Kärnten, Niederösterreich, Burgenland; Adventivfloristik; an ihn erinnert Ranunculus melzeri) und etlichen anderen durchgeführt, deren Ergebnisse in zahlreichen floristischen Beiträgen sowie in den Roten Listen vorliegen.

Als Resultate der langjährigen floristischen Kartierung Österreichs seit den 1960er Jahren sind bisher erschienen:

Helmut Wittmann & al. (1987): „Verbreitungsatlas der Salzburger Gefäßpflanzen“; – Arnold Zimmermann & al. (1989): „Atlas gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen der Steiermark“; – Helmut Hartl & al. (1992): „Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Kärntens“; – Franz Essl & Wolfgang Rabitsch (2009): „Endemiten – Kostbarkeiten in Österreichs Pflanzen- und Tierwelt“; – Harald Niklfeld (2015): „Verbreitungsmuster“ der Burgenlandflora.

1994 gaben Manfred A. Fischer (Redaktion und Gesamtleitung), Wolfgang Adler, Karl Oswald und Raimund Fischer (1923–2014) die Exkursionsflora von Österreich heraus, das erste Pflanzenbestimmungsbuch für das Gebiet der Republik Österreich seit deren Gründung im Jahre 1918. 2005 ist die Exkursionsflora, inzwischen erweitert um Liechtenstein und Südtirol in der zweiten, 2008 in der dritten Auflage erschienen.

Adolf Polatschek (1932–2015) schrieb die monumentale 7-bändige „Flora von Nordtirol, Osttirol und Vorarlberg“ (1997–2013; Fundorte, Verbreitungskarten, jedoch ohne Schlüssel; 5 Bände und 2 Nachtragsbände); ihm gewidmet ist u.a. Hieracium polatschekii.

Als jüngere Werke zur Flora Österreichs sind zu nennen:

Wolfgang Schweighofer (2001): „Die Flora des Bezirkes Melk“; – Erhard Dörr & Wolfgang Lippert (2001–2004): „Flora des Allgäus und seiner Umgebung“ (umfasst auch Teile Österreichs); – Wolfgang Adler & Alexander Ch. Mrkvicka (2003): „Die Flora Wiens gestern und heute“; – Franz Grims (2008): „Flora und Vegetation des Sauwaldes und der umgrenzenden Täler von Pram, Inn und Donau - 40 Jahre später“; – Wolfgang Holzner & al. (2013–2015): Ökologische Flora Niederösterreichs (Illustriertes Bestimmungsbuch für AnfängerInnen); – Norbert Griebl (2013): „Die Orchideen Österreichs“ (Orchideenmonographie mit vielen Farbbildern, Verbreitungskarten und Bestimmungsschlüssel); – Radomir Němec (2021): „Rozšíření cévnatých rostlin národních parků Podyjí a Thayatal. Verbreitung der Gefäßpflanzen in den Nationalparks Podyjí und Thayatal“; – Michael Hohla (2022): „Flora des Innviertels“.

Seit einigen Jahren liegt ein umfangreicher Neophyten-Katalog Österreichs vor (Franz Essl & Wolfgang Rabitsch 2002: „Neobiota in Österreich“) und mit der „Neophytenflora der Stadt Salzburg“ (Peter Pilsl & al. 2008) schufen die Autoren die erste regionale Neophytenflora Österreichs.

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Weiterführende Literatur

Klemun M. & Fischer M. A. (2001): Von der „Seltenheit" zur gefährdeten Biodiversität (Aspekte zur Geschichte der Erforschung der Flora Österreichs). – Neilreichia 1: 85–131.


Autor: Manfred A. Fischer. Auszug aus der 3. Auflage der „Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol" (2008), leicht verändert und aktualisiert von Clemens Pachschwöll und Stefan Lefnaer im Oktober 2022.


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Letztes Update: 17.12.2024